Die Welt gerät aus den Fugen

Nach drei Jahren Pause meldet sich DSP mit dem Stück „WEISSER WAL“ zurück.

Drei lange Jahre ist es nun schon her, dass wir zuletzt eine Aufführung des Teams „Darstellendes Spiel“ an unserer Schule genießen durften. Auch heuer war es lange nicht klar, ob es zu einem Auftritt kommen würde. Doch fast schon wider Erwarten hat uns das Corona-Virus eine Verschnaufpause gegönnt, und es war möglich, Proben und dann auch Aufführungen stattfinden zu lassen.

Nach so einer langen Theaterpause und aufgrund der eingeschränkten Probemöglichkeiten im heurigen Schuljahr musste man befürchten, dass das überaus hohe Niveau früherer Veranstaltungen vielleicht nicht erreicht werden kann. Aber welch ein Irrtum! Trotz der vielen Schwierigkeiten, mit denen die Truppe zu kämpfen hatte, wurde eine hochprofessionelle Bühnenshow geboten, die ihresgleichen sucht.

„Weißer Wal“ heißt das Stück, auch diesmal wieder von Prof. Thorwartl verfasst. Es handelt sich um eine Abfolge von acht voneinander unabhängigen Szenen, die durch einen Prolog und einen Epilog gerahmt werden. Prolog und Epilog fanden im Barat-Saal statt, die anderen Szenen aber an diversen Orten im ganzen Schulhaus verteilt. Das Publikum wurde in Gruppen durch die Schule geleitet und wanderte von Szene zu Szene. Dieser Ortswechsel sorgte für Abwechslung und machte die Szenen für die Zuschauer noch eindrucksvoller, weil man die Atmosphäre des Spielortes unwillkürlich in sich aufnehmen konnte und einen nachhaltigeren Eindruck bekam, als wenn man zwei Stunden an ein und demselben Ort sitzen würde. Ausgangspunkt von Prof. Thorwartls Text ist die Jagd nach dem weißen Wal, die Sehnsucht, das Begehren, die Obsessionen, die uns Menschen umtreiben. Motive aus dem Roman „Moby Dick“, aus dem Buch Hiob und aus der Genesis werden konfrontiert mit den Krisenherden der Gegenwart. Die Guides Ismael und Isebel führen uns in den Bombenhagel von Mariupol oder in den Schutzkeller von Verschwörungstheoretikern. Die Verrücktheit der Welt kommt deutlich zum Ausdruck. Manche Szenen spielen direkt in einer Irrenanstalt, vieles ist völlig absurd. Es gibt einiges zum Lachen, SpongeBob trifft auf den Präsidenten, aber noch öfter kommt Erschütterung auf. Der Ukraine-Krieg ist sehr präsent, und dem Publikum wird einiges zugemutet an berührenden und schockierenden Elementen.

Besonders bemerkenswert waren die schauspielerischen Leistungen: Ganz viele junge Talente, vor allem aus den fünften Klassen, aber auch noch jüngere, zeigten zum ersten Mal ihr Können, wirkten aber wie langgediente Profis. Ich möchte niemanden namentlich hervorheben, da ALLE in ihren so unterschiedlichen Rollen Großartiges geleistet haben. Dass sie alle mit Begeisterung dabei sind, merkt man insgesamt nicht nur an der riesigen Zahl der Teilnehmer (und es werden jedes Jahr mehr), sondern auch an der Spielfreude, die sämtliche Akteure an den Tag legen. Da wird der Text nicht einfach nur aufgesagt, sondern mit Leben erfüllt – sei es, dass es sich um große, dramatische Gefühle handelt, sei es, dass einander zwei Pflegerinnen äußerst realistisch attackieren – zuerst verbal, dann auch körperlich (eine der vergnüglichsten Szenen).

Bemerkenswert ist auch, dass das Engagement der Beteiligten in vielen Fällen offenbar nicht mit der Matura endet. Einige ehemalige SchülerInnen sind noch immer Teil des Teams, manche in der Regie, einige auch als SchauspielerInnen.

Insgesamt hat es sich auf jeden Fall gelohnt, dieser Aufführung beizuwohnen. Wir freuen uns schon auf die Aufführungen in den kommenden Jahren! Und denjenigen, die heuer nicht unter den ZuschauerInnen waren, empfehle ich schon heute für das nächste Jahr: Schauen Sie sich das an!

Prof. Rössler

 

Was versteht man unter Theater? Die Darstellung einer potenziellen Realität? Und wie weit geht man für diesen „Traum“? All dies beantwortete sich jenen, die dieses Jahr am Freigegenstand Darstellendes Spiel teilnahmen. Während unterm Jahr das Thema Improvisation im Fokus stand, galt gegen Ende des Jahres die generelle Aufmerksamkeit einem Stück, das von deutlichen Differenzen zu vorherigen Stücken und ganz anderen Rahmenbedingungen geprägt war. Letztere beziehen sich vor allem auf Corona. Wir SchauspielerInnen mussten oft auf den Theaterunterricht verzichten oder dabei einen Mundnasenschutz tragen. Dazu kommen nicht stattfindende oder abgesagte Endaufführungen.

Dieses Jahr jedoch realisierten wir die vorerst hinfällig scheinende Idee einer Theateraufführung, die sich noch dazu in verschiedenen Räumlichkeiten abspielte. Diese Säle standen für die Abteilungen einer Anstalt. Einer Anstalt, die wir uns während Corona, während des Krieges, der noch immer in der Ukraine tobt, selbst erbauten. Deren Insassen wir zum Teil selbst sind. Einsamkeit, Furcht, die Suche nach Gott, politische Differenzen und Skandale, Leere. All diese Themen prägen uns und unsere Taten – und auch das diesjährige Theaterstück. Die Szene, von der ich ein Teil war, war in der Kirche zu sehen. Das Publikum saß vor dem Hochaltar mit Blick auf das Portal. „Laterne“ stand oben an der Orgelempore, ich verkörperte auf der Kanzel stehend Bertolt Brecht, ein Kind wiederholte singend die Vergesslichkeit der Menschheit: „Der Regen von gestern macht uns nicht nass.“ In unserer Szene ging es um die Suche nach Gott, der immer weiter von uns zu weichen, ja tot zu sein scheint. Anhand der Sprachgewalt von Bertolt Brecht und Friedrich Nietzsche wurden Kriegsbereitschaft, die Abwesenheit Gottes und die mangelnde Bereitschaft, aus der Geschichte zu lernen, in der dunklen Kirche ausgelotet.

Natürlich geht es bei einem Theaterstück aber nicht nur um Eigeninitiative und die Identifizierung mit der zu verkörpernden Rolle, sondern auch um Gruppenarbeit. Hierbei war es besonders schön zu sehen, wie sehr wir uns für unser Ziel anstrengen, gegenseitig aufbauen und unterstützen. Und auch wenn nicht immer alles auf Anhieb geklappt hat, können wir doch stolz sein auf das, was wir am Ende präsentieren konnten: ein vollendetes Theaterstück und ein Beispiel für eine funktionierende Gemeinschaft mit der Liebe zum Theater. Diese verstärkten Herr Prof. Thorwartl und Frau Prof. Eder mit ihrer Leidenschaft, ihren Ideen und ihrer Geduld.

Ich kann die unverbindliche Übung Darstellendes Spiel nur weiterempfehlen.

Lara Stefan, 5E

Regie:

Jan Tulej, Stephanie Langer, Marianne Eder, Alexander Thorwartl

Es wirkten mit:
Nina GANSEL, Sophia MOHACI, Julia SCHMID, Roksana PYRLIK, Casiana PEPTAN, Luise NIEDERSÜSS, Carina POGATS, Leonard UHL, Lisa WOLF, Hana VASIC, Christoph REINHART, Raphael SMETACZEK, Stasy JORINA, Niclas KARAS, Matthias HASSLINGER, Ink RAINER, Oli SAGOLEWSKA, Pietro BOMBARDI, Maria BURG, Dabin LEE, Katja KHARITONOVA, Livia EDLINGER, David KIANG, Katherina HOFER, Leila JAIDANE, Jakob KÖPPEL, Harriet MACKINNON, Merlind RAIBLE, Lara STEFAN, Anna-Maria STEGER, Selina GLAMM, Julia STRAUSS, Beni KERNJAK, Santino LINDENBAUER, Laura JAIDANE, Lucas MACH, Benjamin NAGELREITER, Stephanie LANGER, Yasmin JAHN, Jan TULEJ, Elif HOEBEK, Jennifer WARISCH.