Living with the Cajuns in Louisiana

Am Morgen des 5. Jänner startete die Reise meines Lebens. Ich würde für ein Semester das Sacred Heart Grand Coteau in Louisiana im Süden den USA besuchen. Im Gegensatz zu den meisten anderen, die sich auf eine derartige Reise einließen, war ich gar nicht nervös. Im Gegenteil, ich habe es als eine einzigartige Chance gesehen, in meinem Alter Kontakte über dem Atlantik zu knüpfen und meinen Horizont nicht nur hinsichtlich schulischer und sozialer Aspekten zu erweitern, sondern auch als Person zu wachsen, womit der Fokus meines Austausches auf dem fünften Ziel einer Sacre Coeur Bildung lag.

Mulmig im Bauch wurde mir jedoch, als es dann so weit war und ich alleine am Mittelplatz eines Zehnstunden-Fliegers nach Houston saß und ich mich ernsthaft fragte, warum ich mir so etwas antue. Fünf Monate in einem Internat zu leben, Teil eines vollkommen anderen Schulsystems zu sein und die fremde Kultur der Südstaaten anzunehmen schien mir eine unerfüllbare Aufgabe. Meine ersten Tage, wenn nicht Wochen im Internat verliefen sehr steinig. Es war schwer, als durchaus extrovertierter Mensch in einer Gemeinschaft Fuß zu fassen, in der sich jedes Mitglied seit mehreren Jahren kennt, Interessen mit anderen teilt und über die gleichen Dinge lacht. Die sprachliche Barriere machte mir am Anfang ziemlich zu schaffen, da ich die gesprochene Sprache, wie zum Beispiel Sarkasmus oder Wortwitz, nicht immer so schnell verarbeiten konnte. Doch auch das Internat war eine Herausforderung: Als Bewohnerin eines Einzelzimmers und erfahrene Pendlerin mit den Zügen der ÖBB fiel mir der Umstieg auf „Spaziergänge nur bis zur Kuhweide“ und „Sigrun, kannst du die Musik bitte leiser drehen?“ ziemlich schwer. Besonders das Teilen eines Zimmers mit einer Sacré Coeur-Schwester mit ganz anderem kulturellem Hintergrund (mein erster „Roomie“ war aus China, mein zweiter aus El Salvador) war bis zum Ende eine Herausforderung, die ich jedoch gerne annahm.

Nach zirka einem Monat lebte ich mich jedoch sehr gut ein. Die Mädchen aus dem Internat wurden meine Schwestern und ich weiß, dass unsere „Sisterhood“ noch lange nach diesem Semester bestehen bleiben wird. Auch in der Schule ging es voran und ich war fähig, mein Englisch so weit zu verbessern, dass ich nun auch mit meinen amerikanischen Freunden und Freundinnen scherzen und auch ohne Nervenzusammenbuch einen Flug umbuchen kann, was ich bei meinem Rückflug bei einer nicht ganz freiwilligen Prüfung beweisen musste.

Neben dem Sammeln vieler zwischenmenschlicher Erfahrungen konnte ich aber auch mein Wissen über die einzigartige Kultur der Kreolen in Louisiana erweitern. Ich war zweimal in New Orleans, wobei wir uns einmal sozial engagierten und dabei halfen, ein Haus zu bauen und Regenwassertonnen zu bemalen. Auch das Feiern von Mardi Gras, einer Art Fasching, durfte ich miterleben. Da ich sehr künstlerisch und kulturell interessiert bin, war auch das „Festival international de Louisiane“, ein Kunst- und Kulturfestival in Lafayette, ein absoluter Höhepunkt für mich.

Alles in allem kann ich sagen, dass das Leben im Sacré Coeur Grand Coteau eine unglaubliche Bereicherung für mein Leben und meine Persönlichkeit bedeutete. Es war wirklich nicht immer leicht und ich habe endlose Stunden damit verbracht, alleine in der schönen Galerie der Schule zu sitzen und einfach nur über Gott und die Welt nachzudenken. Manchmal war ich auch einfach nur traurig, weil das Leben im Internat manchmal sehr einengend sein kann und mich vieles bedrückt hat. Doch ich finde, dass mich genau solche Gefühle zum Umdenken veranlasst haben und meine Persönlichkeit enorm gestärkt haben.

Bevor ich Amerika Richtung Heimat verließ, habe ich eine Nachricht von einem Freund erhalten, der sich bei mir bedankt und gesagt hat, dass ich für ihn ein Beispiel dafür war, wie groß und bunt die Welt ist und dass er sich durch mich eine ganz andere Zukunft für sich selbst ausmalt. Eine Zukunft, in der er nicht nur in seiner Heimatstadt bleibt, sondern die Welt sehen will.

Diese Nachricht hat mich extrem glücklich gemacht, weil sie zeigt, dass nicht nur ich beeinflusst wurde, sondern dass auch ich andere beeinflussen konnte.

Sigrun, 7B